Anlagestrategien für Aktienneulinge und Privatanleger
Aktienstrategien im Überblick
Die Börse wirkt auf viele aufregend, ja faszinierend. Aber sie ist auch äußerst unübersichtlich, vor allem für Privatanleger. Deshalb ist es wichtig, dass, wer in Aktien investieren will, sich vorher gut informiert und sich eine Aktien Anlagestrategie entwickelt. In Deutschland gibt es auf diesem Gebiet zwei sehr populäre Fehler: zum einen den, überhaupt nicht anzulegen und das Geld auf einem Sparkonto zu horten, wo es keine Wertsteigerung erfährt. Dieser Schritt wird gern mit „zu hohem Risiko“ begründet, Aktienanlage sei doch nur „Zockerei“. Das ist natürlich falsch. An der Börse hat man eine viel größere Kontrolle über das Risiko, als es sich viele vorzustellen vermögen.
Voraussetzung dafür ist, nicht den zweiten Fehler zu begehen: Nachdem sie die typischen Vorurteile überwunden haben, stürzen sich manche vollkommen planlos in das Börsengeschehen, investieren unüberlegt ihr Geld und ziehen sich, nachdem sie es verloren haben, dann doch auf die bequeme Anfangsposition „Das hätte man wissen müssen, es ist ja doch nur alles Zockerei“ zurück. Damit aber genau das nicht passiert, ist eine Aktien Anlagestrategie vonnöten. Im folgenden sollen einige vorgestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass verschiedene Strategien verschiedene Risiken bergen. Es hängt vom einzelnen Anleger ab, von seiner Risikobereitschaft und -freudigkeit, seinem Anlagezyklus und nicht zuletzt von seiner Persönlichkeit, für welche er sich schließlich entscheidet. Emotionen sollte man an der Börse jedoch stets so weit wie möglich unterdrücken. Sie sind weder Bestandteil einer guten Aktienstrategie für Privatanleger, noch für Profis.
Als Anleger muss man kühl und rational handeln, von seinem Wissen Gebrauch machen und sich stets neues aneignen. Die Rolle als kleiner Anleger hat in dieser Hinsicht Vor- und Nachteile: Oft hat man als Einsteiger nicht so viel Wissen wie die Profis und erst recht nicht so viel Erfahrung. Das ist der Nachteil. Der Vorteil ist, dass man als Kleinanleger auch nicht glaubt, Sonder- und Insiderwissen zu haben. Es reicht aus, sich aus frei zugänglichen Quellen im Internet zu informieren, sich Gedanken über seine Taktik zu machen und auf dem Laufenden zu bleiben.
Die Diversifikationsstrategie minimiert das Risiko eines Totalausfalles. Wer nach ihr handelt, streut sein Portfolio so breit wie möglich, ist also nicht von dem Wohle einzelner Aktien abhängig. Ziel dieser Strategie ist es, der Breite des Weltmarkts so nah wie möglich zu kommen. Das bedeutet zugleich auch, dass man bei einer Wirtschafts- und Finanzkrise Verluste hinnehmen müssen wird. Man wird nämlich weder auf Seiten der absoluten Verlierer, noch auf Seiten derer, an denen eine solche Krise vollkommen folgenlos vorbeizieht, stehen. Dennoch erholt sich der Gesamtmarkt oft nach einiger Zeit wieder, die Diversifikationsstrategie ist auf langfristige Investitionen ausgelegt. Folgt man dieser Strategie, braucht man also unter Umständen gelegentlich etwas Ruhe und Geduld, um Schwankungen des Marktes auszuharren, hat aber auf der anderen Seite die Sicherheit, nicht unter den Markt zu kommen. Als Anlageobjekte für diese Strategie eignen sich unter anderem sogenannte ETFs (Exchange Traded Funds), die einen Index nachbauen. So kann man beispielsweise Anteile an einem Fonds kaufen, der am DAX ausgerichtet ist oder sogar an einem, der sich am Weltindex orientiert. Die auf das gesamte Vermögen angewandte Diversifikationsstrategie geht eigentlich über Aktien hinaus, ein diversifiziertes Vermögen beinhaltet oft auch Immobilien und Bargeld.
Eine bestimmte Portfoliostrategie verfolgt eigentlich jeder. Sie beinhaltet einfach nur, wie man sein Portfolio aufbaut. Man entscheidet, welches Risiko man eingehen möchte, welche Papiere man wie stark gewichtet. Folgt man beispielsweise der Diversifikationsstrategie, handelt man nach einer Portfoliostrategie, die auf Risikoreduzierung und möglichst breite Fächerung ausgerichtet ist.
Die Idee hinter der Averagingstrategie ist folgende: Da es schwierig ist, den günstigsten Einstiegspunkt zu finden, werden über einen längeren Zeitraum die gleichen Aktien nachgekauft. Nach der Theorie ergibt sich dann ein günstiger Durchschnittskurs, zu dem man die Aktie kauft. Auch hierbei ist zwischen verschiedenen Varianten zu unterschieden. Man kann unabhängig vom Kurs und seiner Entwicklung stets die gleiche Stückzahl kaufen, das ist das konventionelle Averaging. Man kann aber auch nur bei sinkenden Kursen nachkaufen. Die Idee dahinter ist, dass man die negativen Faktoren im Durchschnitt, nämlich die steigenden Kurse, einfach eliminiert. Ein Risiko bei dieser zweiten Averagingstrategie besteht darin, dass man lange nicht nachkauft, weil der Kurs steigt, der Kurs dann auf einem hohen Level nachgibt. Man kauft erst dann und steht im Durchschnitt nicht besser da, als im Falle beständigen Nachkaufens bei steigendem Kurs auf niedrigem Level. Die Theorie des Average-Cost Effekts, auf dem das ganze Modell basiert, ist übrigens sehr umstritten.
Die Value-Strategie ist relativ simpel, erfordert jedoch unter Umständen ein gewisses Maß an Kenntnis. Es ist eine Anlagestrategie für Privatanleger, die bereit sind, sich gut über einzelne Unternehmen zu informieren. Kern dieser Taktik ist es, auf solide und stabile Werte zu setzen, sogenannte Substanzwerte. Diese Substanzwerte sind nicht vom Kurswert der Aktie abhängig, sondern sind der eigentliche Wert des Unternehmens. Aktien von Unternehmen, die einen hohen Substanzwert haben und zugleich eine stabile und gute Kursentwicklung ohne Kurseinbrüche vorweisen können, werden als „Blue-Chips“ bezeichnet. Der Name soll tatsächlich von den blauen Jetons in Spielcasinos kommen. Sie haben dort oft ebenfalls den höchsten Wert. Solche Blue-Chips sind logischerweise keine Geheimtipps, dennoch sollte man darauf achten, sie nicht mit Aktien zu verwechseln, die während eines Hypes euphorisch so genannt werden.
Diese Strategie ist eine sehr passive. Sie beschränkt sich darauf, dividendenstarke Aktien zu halten und von den Gewinnausschüttungen zu profitieren. Solche Dividenden werden meist in Geld ausgeschüttet, man kann sie aber auch in zusätzlichen Aktien beziehen, sodass das gehaltene Anlagevolumen und damit auch die Dividende beständig wachsen. Diese Art der Diveidende wird „Stockdividende“ genannt. Aktien, die regelmäßig hohe Dividenden ausschütten, sind nicht selten gleichzeitig auch Blue-Chips. Die Value- und die Dividendenstrategie lassen sich also optimal kombinieren. Sie sind eher etwas für den risikoscheuen Anleger.
Die Wachstumsstrategie, auch „Growth-Strategie“ genannt, ist eine etwas riskantere Aktien Anlagestrategie, da sie auf Prognosen für die Zukunft basiert. Der Anleger investiert in Aktien oder Märkte, in denen er Chancen auf großes Wachstum sieht, Märkte mit „Fantasie“. Der Investor sucht sich dafür Aktien von Unternehmen aus, die er für unterbewertet hält, die möglicherweise vom großen Markt noch nicht „entdeckt“ wurden. Die Gefahr besteht hierbei darin, dass sie auch künftig nicht entdeckt werden oder doch nicht so stark wachsen wie angenommen. Das ist vor allem dann ein Problem, wenn alle Investoren auf ein starkes Wachstum spekuliert haben. Es handelt sich hierbei also um eine riskante Strategie, vielleicht nicht unbedingt die ideale Anlagestrategie für Privatanleger, sondern eher etwas für erfahrene kommerzielle Anleger, die sich mit Marktdynamiken auskennen und auch einmal einen Verlust verkraften können.
Wie der Name schon sagt, richtet sich die Umkehrstrategie gegen den Trend, sie kehrt ihn um. Bei dieser auch „antizyklisch“ genannten Strategie kauft man eine Aktie dann, wenn ihr Kurs am niedrigsten ist, wenn also alle anderen verkaufen. Sodann wartet man, bis die Stimmung umschlägt und die Nachfrage steigt. Man verkauft die Aktie mit Gewinn. Was so einfach klingt, ist eine recht spekulative Angelegenheit. Ist der Kursverlust nämlich nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft, greift man leicht „ins fallende Messer“. So wird der Kauf einer fallenden Aktie, die weiter fällt und sich nicht wieder erholt, bezeichnet.
Die Turnaroundstrategie ist der Umkehrstrategie ähnlich. Auch hier kauft man fallende Aktien in der Hoffnung, dass sie in der Zukunft steigen werden. Der Unterschied zur Umkehrstrategie besteht darin, dass man nicht von Zyklen ausgeht, sondern der Kursverlust einen beliebigen Grund haben kann, beispielsweise schlechte Quartalszahlen. Dann fällt die Aktie. Der nach der Turnaroundstrategie vorgehende Investor geht aber davon aus, dass die Aktie sich fängt, „die Kurve bekommt“, den „Turnaround“ vollzieht. Der Anleger kann zu dieser Einschätzung gelangen, weil er die Substanzwerte des Unternehmens für stark hält oder davon ausgeht, dass die nächsten Quartalszahlen besser werden. Bei dieser Strategie ist es wahrscheinlicher, in das „fallende Messer“ zu greifen, denn oft ist hier von Anfang an klar, dass es sich nicht um einen Zyklus handelt. Das Eintreten des Ereignisses, das den „Turnaround“ bewirken soll, ist spekulativ.
Musterdepot
Angenommen, ein Privatanleger will einen gewissen Betrag anlegen. Er ist kein Zocker und Sicherheit bei der Vermögensanlage ist ihm wichtig, aber einen kleinen Teil seines Anlagevolumens möchte er gern in einen etwas briskanteren Bereich investieren. Zuerst sucht er einige sichere Aktien für sein Depot. Er kauft Allianz-, Bayer- und Telekomaktien. Alle drei hält er für sicher und langfristig gewinnbringend, zudem schütten sie regelmäßig Dividenden aus. Sodann investiert der Privatanleger in verschiedene ETFs und aktive Aktienfonds, um möglichst breit aufgestellt zu sein. Zuletzt wagt er auch einmal eine eigene Prognose und erwirbt sinkende Aktien eines großen britischen Ölkonzerns, weil er glaubt, dass der Ölpreis in nächster Zeit steigen wird. Diese Aktien will er nur kurz halten und abstoßen, sobald das von ihm prognostizierte Ereignis eintritt.
In diesem Beispiel ist der Privatanleger nach der Value-Strategie (Allianz, Telekom, Bayer), Dividendenstrategie (eben die), Diversifikationsstrategie und der „Turnaround-Strategie“ (Ölkonzern) vorgegangen. Das zeigt, dass die Kombination verschiedener Anlagestrategien zwar nicht nötig, doch durchaus möglich ist. Natürlich kann man sich als Privatanleger auch vollkommen von jeglichem Risiko fernhalten und auf die „Turnaround-Strategie“ verzichten. Es ist sicher kein Fehler, sich am Anfang etwas zurückzuhalten und sich nicht selbst zu überschätzen. Wichtig ist aber, dass man sich informiert und das möglichst gut und aus möglichst unabhängigen Quellen. Ein Bankberater beispielsweise ist keine unabhängige Quelle, denn er bekommt von den Vertreibern bestimmter Wertpapiere eine Provision für jeden neuen Kunden. Im Internet hingegen ist es anders: Hier kann man sich als Anleger noch unabhängig und umfassend informieren, bevor man den endgültigen Schritt wagt und in Aktien investiert.